Unsere Geschichte reicht relativ weit zurück, bis in die 70er Jahre als noch langhaarige Männer mit Schlaghosen in die Vorlesungssäle schlurften und die Hippie-Bewegung die Leute von einer besseren Welt träumen liess. Das Klima an der Hochschule St.Gallen war geprägt von heftigen Reformdiskussionen und auch das Thema der Homosexualität wurde vermehrt erörtert. Inspiriert durch den revolutionären Film «Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt» von Rosa von Praunheim, lancierte ein damaliger Student einen Aufruf im Prisma‚ an alle Homosexuellen auf, dass sie sich verbünden und aktiv für eine grössere Akzeptanz in der Gesellschaft einsetzen mögen. Das Unterfangen gelang und am 15. März 1973 wurde die Homosexuelle Arbeitsgruppe St.Gallen (HASG) gegründet.
Entsprechend den kulturellen Umständen in welcher sie entstand, hat sich die HASG von Anfang an relativ kämpferisch gegeben. Dies war auch nötig, da die Vereinsgründung mit einigen Schwierigkeiten verbunden war. So wurde der Antrag zur offiziellen Akkreditierung an der HSG abgelehnt. Der Grund dafür war, dass der Vereinsname das Wort «homosexuell» enthielt, was gemäss dem Rektorat u.a. «Schwierigkeiten wegen des kleinkarierten Denkens in St.Gallen» hätte auslösen können. Dieses «kleinkarierte» Denken der Stadt zeigte sich dann auch sehr deutlich, als die Polizei begann, Personen bezüglich dieses neu gegründeten und «potenziell gefährlichen» Vereins zu befragen (ja, in den 70er Jahren wurden wir noch als echte Bedrohung wahrgenommen).
Anstatt sich um eine mögliche Namensänderung zu kümmern, verwendete die HASG in den folgenden Jahren ihre Kräfte lieber, um für die Rechte der homosexuellen Bevölkerung in der Schweiz einzustehen. Sie lancierte Flugblattaktionen, beschwerte sich beim Schweizer Fernsehen über die Programmgestaltung und hatte es sogar einmal mit der höchsten juristischen Instanz der Schweiz zu tun. Vertreten durch den Anwalt Paul Rechsteiner focht die HASG das Verbot des Verkaufes eines Magazin des CH-Dachverbandes der Homosexuellen Arbeitsgruppen bis vor’s Bundesgericht an. Anders als in seiner politischen Karriere war Rechsteiner in diesem Fall jedoch nicht erfolgreich. Nachdem die HASG auch in den 80er Jahren noch relativ aktiv war, schlief die Bewegung in den 90er Jahren leider ein und der Verein zerfiel. St.Gallen war damit um einen farbenfrohen Verein ärmer und Ende der 90er Jahre war die Universität St.Gallen wieder ein eher grauer Ort der Forschung und Lehre.
Obwohl die Studierenden motiviert und fleissig waren, fehlte auf dem Campus eine gewisse Vielfalt – Diversity würden die heutigen HSGler wohl sagen. Um aus diesem grauen Alltag auszubrechen und die Uni wieder mit den Regenbogenfarben zu verschönern, versammelten sich einige engagierte Studierende an einem kalten Dienstag im Januar 1998 und diskutierten über die Zukunft der HSG. Bei Speis und Trank wurde in einem warmen Ambiente beschlossen, dass es an der Zeit sei, der Schwulen-Bewegung neuen Atem einzuhauchen und auf’s Neue einen Verein zu gründen, welcher Farben an die Uni bringt und die schwul-lesbische Gemeinschaft unter den Studierenden unterstützt. Diese Gründungsversammlung am 27. Januar 1998 sollte als Geburtsstunde unseres heutigen Vereins in die Geschichte der Universität St.Gallen eingehen. Unter dem ursprünglichen Namen HSGay – Verein der Lesben und Schwulen an der Universität St.Gallen (HSG) war fortan ein Verein bekannt, welcher eine wichtige Lücke in der Interessensvertretung an der Universität St.Gallen schloss und der bis heute dafür sorgt, dass auch die LGBT-Minderheit an unserer Bildungs- und Forschungsanstalt vertreten wird.
Relativ rasch wurde auch die Akkreditierung durch die Universität angestrebt, um als offizieller Verein der HSG auftreten zu dürfen. Allerdings wurde der erste Antrag dazu vom Senatsausschuss abgelehnt (kommt einem irgendwie bekannt vor…). Der Grund war insbesondere, dass der Name HSGay zu stark an das erst kurz zuvor markenrechtlich eingetragene Kürzel HSG der Universität St.Gallen erinnerte. Wir waren folglich gezwungen nach einem neuen Namen zu suchen, da – wie ein damaliges Vorstandsmitglied richtigerweise bemerkte – die E-Mail Adresse des Vereins schlecht dervereinderuniversitätstgallenfürlesbenundschwule@unisg.ch lauten konnte. Als Namensvorschläge tauchten unter anderem In and Out und UniGay auf – für letzteren entschied man sich Ende 1999. Dank der Namensänderung wurden wir dann auch offiziell akkreditiert und sind seither als UniGay – Verein der Lesben, Schwulen und Bisexuellen an der Universität St.Gallen (HSG) bekannt.
Der Verein wurde natürlich sofort nach der Gründung aktiv und organisierte verschiedenste Veranstaltungen für die Vereinsmitglieder. Entsprechend den Fortschritten in der Gleichberechtigung der LGBT-Community und dem herrschenden Zeitgeist waren die Vereinsaktionen allerdings weniger durch den kämpferischen Protest gegen die ignorante Bevölkerung sondern durch die Promotion des angenehmen Gemeinsamkeitsgefühls in der Community geprägt. Wir schmissen Sommernachts-, Sommerstarts- und Neujahrspartys und besuchten gemeinsam mehrere Clubs, Vorträge und Prides. Unter dem Motto «soirées cinématiques» wurden eine Zeit lang Filmabende bei UniGay-Mitgliedern zu Hause veranstaltet. Zusätzlich wurde mit einem regelmässigen Stamm der UniGayler eine langjährige Tradition eingeführt, die bis heute Bestand hat – ausgehend vom Namen «come2gether» wurde die aktuelle Marke «get2gether» für diesen Anlass kreiert.
Auch an der HSG selbst sind wir seit Jahren präsent. Mit Informationen und unserem Stand sind wir in der Assessment-Woche sowie an der Vereinsinfobörse dafür verantwortlich, die Regenbogenfarben an die Uni zu tragen. Mitglieder informieren wir ausserdem über unsere Homepage, welche seit 2004 unter dem Domain www.unigay.ch zu finden ist. Zusätzlich sind natürlich immer mal wieder Vereinsmitglieder im Studentenparlament (StuPa) vertreten und wir waren auch schon mal in der StuPa-Gleichstellungskommission aktiv (in diesem Bezug hat unser Verein, der schon 1999 eine Frau als Präsidentin hatte und des Weiteren über eine überdurchschnittlich hohe Diversität unter den Mitgliedern verfügt, natürlich eine Vorbildfunktion).
Leider gab es in unserer Vereinsgeschichte aber auch Zeiten, in welchen der Schwung etwas verloren ging. Teilweise wurden die Vereinsversammlungen fast nur noch vom Vorstand bestritten und auch die seltener werdenden Aktivitäten waren spärlich besucht. Uns auf die Grundideen und –aufgaben unseres Vereins besinnend haben wir bisher den Turnaround immer noch geschafft. Trotzdem wäre es natürlich schön, wenn es uns gelänge, noch einen grösseren Teil der LGBT-Community an der HSG zu einem Vereinsbeitritt zu motivieren. Um unseren Wirkungskreis auszuweiten und etwas Networking zu betreiben, sind wir auch regelmässig Kooperationen mit LGBT-Vereinigungen anderer Unis und aus dem Berufsleben eingegangen – so unter anderem auch mit Network und Wybernet. Mit diesen beiden Vereinen pflegen wir heute noch Kontakt und planen gemeinsam mit ihnen Events.
Mit weit über 30 Aktiv- sowie mehr als 40 Passivmitgliedern erfüllen wir auch heute noch eine wichtige Funktion an der Universität. Um unseren Verein erfolgreich in die Zukunft führen zu können, haben wir uns im Herbst 2011 entschieden, unseren Vereinsauftritt (Internet, Logo etc.) zu überarbeiten und einige neue Projekte für die Weiterentwicklung von UniGay anzugehen. Dank dieser Weichenstellung und mit der aktiven Unterstützung von unseren Mitgliedern konnten wir 2012 unser Mentoringprogramm Get Connected, einen generationenübergreifenden Erfahrungaustausch zwischen homo- und bisexuellen Studierenden an der HSG und Berufserfahrenen erfolgreich ausrollen. An unserem semesterweise stattfindenden Auftakt-Apéro von Get Connected kamen 50 homo- und bisexuelle Studierende und Berufserfahrene in St.Gallen zusammen. Wir konnten einen beachtlichen Senior-Pool aufbauen und freuen uns über die positven Erfahrungen unsere Mitglieder mit Get Connected, das in 2013 offiziell vom Kanton St.Gallen als Gleichstellungsprojekt gefördert wird. Im Jahr 2013 konnte zudem ein weiterer Neuling ins Leben gerufen werden: Ein gemeinsames Abendessen mit homo- und bisexuellen HSG Dozierenden. Wir sind sicher, dass wir auch in Zukunft die Interessen der LGBT-Studierenden an der HSG vertreten und den Uni-Alltag insgesamt etwas farbiger gestalten können.